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Heinz Schmitz

Zur Geschichte von Archaia Epidavros
Die ältesten Funde aus Archaia Epidavros, die im Archäologischen Museum Nafplio gezeigt werden, datieren aus der Zeit von ca. 2700-2200 v. Chr. Aus dem 16. Jahrhundert vor Christus stammen die mykenischen Schachtgräber. Der Hafen war wohl damals schon wichtig. Die mykenische Brücke bei Arkadiko gehörte wohl zu einer Strasse, die den Hafen von Epidauros mit Mykene verband. An dieser Strasse befand sich auch in Arkadiko das Kuppelgrab eines Vornehmen aus derselben Zeit.

Aus mythischer Vorzeit erzählt Pausanias (2.28) folgende Geschichte:
Die Söhne eines gewissen Temenos lagen im Streit mit Deiphontes von Epidauros. Sie wussten, dass sie ihm kein grösseres Leid antun konnten als ihn von seiner Frau Hyrnetho (ihrer Schwester) zu trennen. Sie kamen nach Epidauros, standen mit ihren Wagen vor der Mauer und wollten mit ihr sprechen. Als sie kam, forderten sie sie auf, mit ihnen nach Argos zu kommen, dort hätten sie einen viel mächtigeren Mann für sie. Als sie erklärte, Deiphontes sei ein untadeliger Mann und sie wolle bei ihm bleiben, raubten diese ihre Schwester. Deiphontes verfolgte sie und tötete den einen von ihnen. Auf den anderen (mit Namen Phalces), der Hyrnetho mit sich führte, wagte er nicht zu schiessen, weil er fürchtete, ihn zu verfehlen und stattdessen Hyrnetho zu treffen. So versuchte er, ihm seine Frau in einem Handgemenge zu entreissen. Phalces aber tötete Hyrnetho, die schwanger war, und konnte entkommen. Deiphontes bestattete Hyrnetho und errichtete an dieser Stelle ein Heroon. Pausanias berichtet vom Brauch, dass dort niemand herabgefallene Äste von Bäumen mit nehmen darf, weil der Ort der Hyrnetho heilig ist.
Reste dieses Heiligtums sind noch heute zu sehen (bei einer Quelle am Ende des Pilgerwegs, in der Nähe des Kirchleins Agios Andreas).

Im sogenannten „Schiffskatalog“ von Homers Ilias, der die Völker und Städte erwähnt, die am Krieg gegen Troia teilgenommen haben, ist das „rebenreiche Epidauros“ (Epidauros ampeloessa, Ilias 2,561) erwähnt. (Reben fand noch Edward Dodwell hier vor, als er die Gegend am Anfang des 19. Jahrhunderts bereiste). Im 6. Jh. v. Chr. stand es unter der Herrschaft eines Tyrannen Prokles, Schwiegersohn des Tyrannen Periander von Korinth. Bei der Abwehr der Perser (480 und 479) beteiligte es sich mit Landtruppen und einigen Schiffen. Mit dem Aufschwung des nahen Asklepieions gewann auch der Ort Epidauros an Bedeutung: Hier war der Hafen, von dem aus die Kranken auf dem Pilgerweg zum Heiligtum gelangen konnten, um dort auf ein Heilungswunder zu hoffen. Vom Selbstbewusstsein des Ortes zeugt auch das im 4. Jahrhundert gebaute Theater.

Epidauros beteiligte sich am Aufstandsversuch der Griechen gegen die makedonische Vorherrschaft (323/322 v. Chr.) und 146 v. Chr. am Kampf gegen die Römer, der mit der Zerstörung Korinths endete. (Die Stadt sollte dann auch viel später, 1821, noch einmal eine wichtige Rolle spielen im Kampf der Griechen gegen fremde Herren). Bei den Plünderungen des Heiligtums durch Sulla (87 v. Chr.) und Piraten (67 v. Chr.) wird auch die Stadt gelitten haben.

Strabo (*63 v. Chr.) erwähnt Epidauros als „bedeutende Stadt“ (8.6.15), vor allem wegen dem nahen Heiligtum. In der römischen Kaiserzeit ist die Besiedlung zurückgegangen, eine Abwanderung gerade der führenden Schichten vor allem nach Korinth lässt sich beobachten (1). Die von den Einheimischen als „sunk city“ bezeichneten Ruinen im Meer gehören zu einer (noch nicht erforschten) römischen villa, die wohl ca. 370 n. Chr. bei einem Erdbeben im Meer versunken ist.

Der Ort am Hafen verlor immer mehr an Bedeutung. Wohl wegen der Gefahren, die von den Seeräubern drohten, wich man nach Nea Epidavros aus, dessen alter Dorfkern vom Meer aus gar nicht einsehbar ist. Man befestigte die Stadt in der Richtung zum Meer hin mit einer Burg.

Stich von Otto Magnus Freiherr von Stackelberg (1786-1837)

1795 sah John S.B. Moritt an der Stelle des heutigen Palea Epidavros nur noch „a village of about five mud houses“ (2). Edward Dodwell (3) erwähnt einige Ruinen auf dem heute so genannten „Nisi“. In der fruchtbaren Ebene wachsen Korn und Reben. „The vine, however, has lost his ancient reputation, and is now weak and resinous, though that which is made near the scacred forest is of good quality.“ Er behauptet, sogar die Akropolis von Athen sei „clearly visible“ von Epidavros aus. (4) 1810 bemerkte William Gell: "This county is but little visited, and is less inhabited than the other parts of the Argolis, though the whole peninsula has been alost depopulated in modern times by the incursions of the Mainiote pirates." (6)

Am 20. Dezember1821 fand in Nea Epidavros die erste griechische Nationalversammlung statt. Auf dem Denkmal liest man den schönen Text der Unabhängigkeitserklärung: „Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Das griechische Volk, das unter der schrecklichen osmanischen Herrschaft nicht mehr im Stande ist, das schwere und beispiellose Joch der Tyrannei zu tragen, und das dieses mit grossen Opfern abgeschüttelt hat, verkündet heute durch seine gesetzlichen Vertreter, die sich zu einer nationalen Versammlung vereinigt haben, vor Gott und den Menschen seine politische Existenz und Unabhängigkeit“.

Von da an ist die Geschichte des Ortes eng verknüpft mit der Geschichte Griechenlands mit all ihren Siegen, Niederlagen, Irrwegen und Katastrophen, mit dem Aufschwung zu einem stabilen Staat und zu relativem Wohlstand mit all seinen Sonnen- und Schattenseiten.

Es bleiben offene Fragen zur jüngeren Geschichte von Epidavros. Man wüsste zum Beispiel gerne, welche Auswirkungen im 2. Weltkrieg die Besatzung durch die Italiener (1941-1943) und Deutschen (bis September 1944) auf das Leben im Dorf hatte. Für einen Aussenstehenden ist es schwierig bis unmöglich, hier detaillierte Auskünfte zu bekommen. Ein Ereignis wurde dem Schreibenden von Mike Maggelis erzählt: Die Deutschen trieben mit den Einheimischen zuweilen am Hafen einen Tauschhandel. Als sie einmal dabei waren, Waren zu tauschen, wurden sie von der Kirche aus von Freischärlern beschossen. Da die Deutschen nicht feststellen konnten, woher das Feuer gekommen war, zerstörten sie darauf das Haus seiner Mutter am Hafen (dort, wo jetzt das Hotel Mike steht) vollständig.

Ausserdem lässt eine ausführliche Untersuchung (5) über den „roten Terror“ in der Argolis einige Vermutungen zu. Nach der italienischen Kapitulation im September entwickelte die EAM/ELAS (die kommunistische Widerstandsorganisation) eigentliche staatliche Strukturen und kontrollierte das ganze Gebiet bis zu den einzelnen Dörfern. Sowohl die Kommunisten wie auch die Deutschen (oder die von ihnen eigens aus Griechen gebildeten „Sicherheitsbatallione“) terrorisierten die Bevölkerung. Man rechnet für die Argolis mit 670 Ermordeten allein zwischen September 1943 und September 1944, zu 55% verantwortet von der EAM/ELAS. Danach folgte der entsetzliche Hunger und dann der Bürgerkrieg, dessen Wunden noch längst nicht vernarbt sind.

Seit 1974 ist Griechenland eine stabile Demokratie. Der Wohlstand wächst, vor allem Dank dem Tourismus. Die Tatsache, dass kein grosser Flughafen für Charterflüge in der Nähe ist, hat den Ort vor den hässlichen Auswüchsen des Tourismus bewahrt und die UNESCO, die das Asklepieion zum Weltkulturerbe erklärt hat, hat mässigend auf die Bauvorschriften eingewirkt.



(1) S. Lauffer (Hrsg.): Griechenland. Lexikon der historischen Stätten (1989) s.v. Epidauros. Hier findet man auch weitere Angaben zur Geschichte von Epidauros im Altertum. (zurück)

(2) Morritt, John B.S. of Robeby. A Grand Tour: Letters and Jouney 1794-96. Hg. von G.E. Marindin. Mit einer Einführung von Peter J. Hogarth. London and Toronto 1985, 212f. (zurück)

(3) A Classical and Topographical Tour During the Years 1801. 1805 and 1806. London 1819. II. 262ff. (Die Berichte von Dodwell sind nun, zusammen mit anderen Reiseberichten, dank der Universität Heidelberg in digitalisirter Form zugänglich, siehe http://www.ub.uni-heidelberg.de/helios/fachinfo/www/arch/digilit/digilit.html (zurück)

(4) Diese Hinweise verdanke ich Franziska Schmitz Gavin, die sich in ihrer Zürcher Lizentiatsarbeit (2000) mit dem Thema „Griechenland um 1800 im Spiegel englischer Reiseberichte: Die Beispiele Thessalien, Epirus und Delphi“ (2000) befasst hat. (zurück)

(5)Stathis N. Kalyvas: Red Terror: Leftist Violence during the Occupation, in: Mark Mazower (Ed.): After the war was over (Princeton-Oxford 2000), 142-183. (zurück)

(6) Gell, William
The itinerary of Greece. With a commentary on Pausanias and Strabo and an account of the monuments of antiquity at present existing in that country (1810), S. 113f. (
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/sammlung16/werk/gell1810.xml?docname=gell1810&pageid=PAGE0145)

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(Adresse des Autors: heinz.schmitz@mus.ch)

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